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Der Jahrhunderstein
Das 20. Jahrhundert lässt sich nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich in zwei Hälften einteilen. Die erste war stark geprägt von den Verhältnissen des 19. Jahrhunderts. Neben demokratischen Staaten etablierten sich rechte und linke Diktaturen. Zwei Weltkriege mit annähernd 80 Mio. Toten und einem zerstörten Europa waren die Folge. Oft wurden Erfolge in Wissenschaft und Technik zum Machtspiel missbraucht und mit der Atombombe zur menschlichen Katastrophe.
Nach 1945 musste die Welt neu geordnet werden. Neben wissenschaftlichen und technischen Fortschritten gehörten Demokratisierung, sowie gesellschafts- und wirtschaftspolitische Veränderungen zu den tragenden Säulen der modernen Welt. Der erzielte Wohlstand erreichte aber nicht alle Menschen: Armut, Überbevölkerung und Kriege sind neben Umweltverschmutzung und anderen Problemen weiterhin existent. Sie zählen zu den wichtigsten Aufgaben des 21. Jahrhunderts, die es zu lösen gilt.
Jürgen Böhringer
Das Kunstwerk
Normalerweise findet man Kunst im Museum oder in der Kunstgalerie. Und jetzt mitten in der Natur an einem Wanderweg. Aber gerade in dieser Situation kann ein besonderes Kunstwerk entstehen.
Drei stehende Felsplatten aus Jurakalkstein bilden einen begehbaren Raum, der gleichzeitig auch ein sinnbildlicher ist – eine Metapher für den Zeitraum des 20. Jahrhunderts. Ich möchte das Innere des Steins – also den Inhalt der Geschichte – sichtbar machen.
Der Kontrast zwischen natürlichen und bearbeiteten Flächen bestimmt die Struktur der Anlage. Ist auf den roh belassenen Flächen der Stein in seiner Entstehung zu erkennen, so zeigt sich in den gesägten Flächen das Gemachte von Geschichte.
Hier erschienen eingemeißelte Worte, Begriffe und Ideen. Diese beziehen sich auf die unterschiedlichsten Felder menschlichen Denkens und Tuns im 20. Jahrhundert: Politik, Kultur, Technik, Wissenschaft und Alltag.
Die Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit – sie benützt Begriffe aus dem 3sat-Kulturprojekt 100 Wörter des Jahrhunderts und andere, die in einem Diskussionsprozess mit den Initiatoren des Denkmals gefunden wurden.
Das Bedeutungsschwangere steht neben dem scheinbar Banalen. Assoziativ ergeben sich Verbindungen und Sinnzusammenhänge. Fragen tauchen auf.
Vielleicht entstehen Diskussionen, vielleicht nimmt man ein Geschichtsbuch zur Hand.
Ich wünsche mir, dass der Betrachter dazu angeregt wird, sich sein eigenes Bild der Geschichte – seiner Geschichte zu machen.
Uli Gsell
Auf dem Bossler
Ruhig und ursprünglich, aber auch rau und schroff liegt das Gruibinger Wiesle, ca. 760 m ÜNN. Von hier oben öffnet sich der Blick bis weit über das Albvorland hinaus, alles sieht etwas kleiner aus, vieles relativiert sich.
Könnte es also einen besseren Platz geben, um sich des 20. Jahrhunderts zu erinnern und sich mit dem Gestern und Heute auseinander zu setzen?
Ohne Vergangenheit gibt es keine Zukunft. Wollen wir unsere Zukunft gestalten, so müssen wir unsere Vergangenheit kennen.
Das Projekt Jahrhundertstein wurde überwiegend durch Spenden finanziert. Der Arbeitskreis Jahrhundertsteinwählte aus fünf künstlerischen Entwürfen die Arbeit von Herrn Uli Gsell aus. Der Entwurf reifte und wurde vom Künstler mit viel Kreativität umgesetzt. Ich danke allen, die zum Gelingen dieses Werkes Jahrhundertstein auf vielfältige Weise beigetragen haben. Durch das Engagement dieser Menschen ist ein Kunstwerk entstanden, das in seiner Bedeutung räumliche und zeitliche Grenzen überwindet.
Roland Schweikert, Bürgermeister
Die Idee
Zu allen Zeiten haben Menschen das Bedürfnis empfunden, Erinnerungen zu bewahren. Viele Zeugnisse beweisen dies. Häufig drücken sich Zeitgeist, Erlebtes, Glaube und Hoffnung aus. Daraus entstand die Idee, dem 20. Jahrhundert mit seinen vielen menschlichen Leiden, aber auch seinen großen Fortschritten und Errungenschaften eine Erinnerung zu geben.
Hellmuth Moll