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Chronik der Gemeinde Gruibingen

Wie die Grabungsfunde aus der Martinskirche belegen, reicht die Besiedlung des Gruibinger Tals ohne Unterbrechung bis in das Frühmittelalter zurück.

Auch wenn die archäologischen Untersuchungen bislang nur wenige Hinweise auf eine alemannische Siedlung erbracht haben, kann von einer solchen ausgegangen werden. Die bemerkenswerten Funde aus der Martinskirche stammen aus der Zeit zwischen 600 und 700 n. Chr., also aus der Merowingerzeit. Ein qualitativ voll hochwertig gearbeiteter goldener Ohrring (um 700), weist das Grab einer Frau „als eines der reichsten in der Alamannia“ aus.

Funde aus dem Grab eines Geistlichen (um 600) deuten auf eine Herkunft aus dem burgundischen Raum, dem auch der Ohrring zuzurechnen ist, hin. Die Funde zeigen, dass vielleicht eine Personengruppe aus Burgund nach Gruibingen gekommen war, ihren Geistlichen mitgebracht und noch nach 100 Jahren Beziehungen nach Burgund hatte.

Es darf angenommen werden, dass eben diese einflussreiche Personengruppe sich die Gruibinger Kirche als Grablege errichtete. Gruibingen war zu dieser Zeit zweifellos ein Herrschaftszentrum.

Die urkundlich fassbare Geschichte des Ortes beginnt im Jahr 861. Im Stiftungsbrief des Klosters Wiesensteig wird Wiesensteig und somit das Kloster als „in griubingaro marco“ liegend bezeichnet. Verschiedene Hinweise in Zusammenhang mit der Klosterstiftung deuten darauf hin, dass Gruibingen damals immer noch ein wichtiger Herrschaftspunkt war und die Klosterstiftung möglicherweise von Gruibingen ausgegangen sein könnte.

Auch wenn in den folgenden Jahrhunderten wenig überliefert ist, dürften sich diese frühen Herrschaftsverhältnisse geändert haben, denn für das Hoch- und Spätmittelalter sind dann verschiedene, teilweise bedeutende, weltliche und kirchliche Grundherrschaften belegt.

Die Grafen von Helfenstein und die Herzöge von Zähringen, sowie die Klöster Lorch, Ursberg und Blaubeuren waren zum Teil zu beträchtlichem Besitz und politischem Einfluss in Gruibingen gekommen.

Dennoch gelang es keiner dieser Grundherrschaften, eine Ortsherrschaft aufzubauen. Gruibingen verfügte weiterhin über die hohe Gerichtsbarkeit, ein eigenes Maß und ein „uraltes“ Marktrecht. Im 15. Jahrhundert wurde es sogar als „Freidorf“ bezeichnet, was die Bedeutung nochmals unterstreicht.

Erst zwischen 1418 und 1533 gelang es der Herrschaft Württemberg die Ortsherrschaft zu übernehmen und die alten Freiheiten und Rechte einzuschränken. Während der Reformation wurde der Ort an der Seite Württembergs evangelisch. Von nun an lag Gruibingen nicht nur an der Herrschaftsgrenze zwischen dem Herzogtum Württemberg und der Grafschaft Helfenstein, sondern auch an einer Glaubensgrenze zwischen der evangelischen und der katholischen Konfession, was die weitere Entwicklung beeinflussen sollte.

Das spätmittelalterliche Dorf war bereits ziemlich groß. Es erstreckte sich vom Gasthaus Adler im Südosten bis zur ehemaligen Molke im Norden und zum Maierhof im Südwesten.

Im 16. Jahrhundert standen ungefähr 140 bis 150 Häuser und Scheunen entlang der Hauptstraße und den Seitengassen. Etwa 190 wirtschaftende Männer sind für diese Zeit nachzuweisen, womit die Dorfbevölkerung etwa 600-700 Einwohner umfasst haben dürfte.

In dieser Zeit erfolgten eine rege Bautätigkeit, sowie bedeutende Veränderungen.

Das älteste noch stehende Wohnhaus der Gemeinde wurde 1547 erbaut (Schillerstrasse 1). Es ist das einzige Bauernhaus aus dem Spätmittelalter, das eine Vorstellung der Häuser im damaligen Gruibingen vermittelt.

Um 1550 wurden ein neues Pfarrhaus, ein Fruchtkasten und eine Zehntscheuer gebaut. Im Jahre 1552 erhielt Gruibingen eine Schule und 1559 ein Amthaus.

Das 17. Jahrhundert hinterließ in Gruibingen tiefe Spuren. Der 30jährige Krieg (1618-1648) brachte Not und Elend. Zwischen 1634 und 1637 starben durch Kriegseinwirkungen, Seuchen und Krankheiten 131 Männer. Gegen Ende des Krieges 1647, plünderten schwedische Soldaten das Dorf und steckten es in Brand. 130 Häuser und Scheunen brannten nieder.

Bereits 21 Jahre später löste am Karfreitag des Jahres 1668 ein Dorfschmied eine weitere Brandkatastrophe aus, welcher der ganze Ort, mit Ausnahme von Kirche, Pfarrhaus, Fruchtkasten, Zehntscheuer und einem einzigen Bauernhaus, das „zue oberst im dorff gestanden“, zum Opfer fiel. Pferde, Rindvieh, Schafe und alles Hab und Gut verbrannten. Sieben Menschen kamen in den Flammen um.

Auch wenn anschließend rasch mit dem Wiederaufbau begonnen wurde und der Ort im 18. Jahrhundert seine einstige Größe weitgehend wieder erreicht und das Alltagsleben sich wieder normalisiert hatte, blieb Gruibingen von nun an ein unbedeutender Flecken im Oberamt Göppingen, von welchen es einst einer der „ansehnlichsten“ gewesen war.

1712 heißt es sogar, dass „durch den Flecken keine Strass durchgehet“. Die wirtschaftlichen Verhältnisse beschränkten sich weitgehend auf eine kleinbäuerliche Landwirtschaft und wenige Handwerker.

Die im 19. Jahrhundert einsetzende Industrialisierung erreichte zwar einige Dörfer im heutigen Kreisgebiet, vor allem im Filstal, bis nach Gruibingen aber reichte diese erste große Welle jedoch nicht. Die Gruibinger lebten weiterhin von der Landwirtschaft und den kleinen Nebengewerben.

Erst im 20. Jahrhundert boten sich mit dem Autobahnbau (1934-37) Erwerbsmöglichkeiten auch außerhalb der Landwirtschaft.

Seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Gruibingen zu einem stattlichen Dorf mit guter Infrastruktur, mehreren Handwerksbetrieben und mittelständischen Unternehmen.

Jürgen Böhringer